Kaum ein anderer Zahn löst so widerstrebende Gefühle aus wie der Weisheitszahn oder – wie wir Zahnmediziner salopp sagen – der Achter (der 8. Zahn von vorn gezählt). Es kursieren die wildesten Gerüchte über schreckliche und blutrünstige Weisheitszahn-Operationen, zu denen viele Zuhörer dann noch ihre eigenen gruseligen Erfahrungen mit schaudernder Erinnerung beitragen.
So ist es nicht verwunderlich, wenn Eltern schnell bereit sind, dem dringenden Wunsch des Kieferorthopäden zu entsprechen und die Weisheitszahn-Keime des Kindes oder Jugendlichen herausoperieren zu lassen, bevor sie zu Albträumen werden. Der Kieferorthopäde begründet diese Notwendigkeit mit der Gefahr, dass diese Zähne, vor allem wenn sie auch noch schräg liegen, die mühsam gerichtete Zahnreihe wieder durcheinander purzeln lassen.
Allerdings existiert keine einzige belegte wissenschaftliche Studie, die das „Schieben“ der Weisheitszähne bis in die Front beweist. Es gibt keinen Dominostein-Effekt, der ein Vor-sich-Herschieben der Zähne von hinten bis vorn erklären könnte.
Wir kennen aus dem Praxisalltag eine Reihe von Patienten, die eine Vollprothese tragen, in deren Kiefer aber immer noch unsichtbar alle 4 Weisheitszähne nach vorn gekippt an genau der Stelle liegen, an der sie entstanden sind. Die sich also nicht vom Fleck gerührt haben. Schöben sie automatisch, lägen sie im Alter sicherlich weiter vorn. Aber es gibt Studien, die diese Annahme widerlegen (siehe Artikel-Ende).
Und was der ganzheitliche Zahnarzt weiß:
Weisheitszähne, Energieverwaltung und Immunsystem sind energetisch miteinander verzahnt. Wenn die 8er herausoperiert werden, hat das grundsätzlich Auswirkungen auf die energetische Basis der Kinder.
Das Immunsystem verliert ebenfalls drastisch an „Biss“. Immerhin hat die Uni Innsbruck vor 12 Jahren nachgewiesen, dass bei ausnahmslos allen Patienten, bei denen man die Weisheitszähne entfernte – vor allem auf einmal – es zu einer Lähmung des zellulären Immunsystems kommt.
Bei keinem anderen Zahn – ausschließlich bei den Achtern. Noch dazu heilen Weisheitszahn-Wunden selten vollständig und regelrecht aus. Oft schließt sich nur die Wunde über der Wundhöhle und ein Hohlraum, angefüllt mit Bakterien und Pilzen, bleibt zurück. Diese „Restostitis“ ist nur mit ganzheitlich-geübtem Auge zu erkennen oder mittels entsprechender Testverfahren zu ermitteln. Und dieser Hohlraum, in Fachkreisen auch NICO (Neuralgia inducing cavitational osteonecrosis) genannt, hat sehr oft Störfeldcharakter. Er kann damit Erkrankungen in anderen Körperregionen auslösen.
Nach Beobachtungen des Internisten Beisch treten Autoimmunkrankheiten nicht selten nach vorausgegangener Entfernung der Weisheitszähne auf. Die zeitliche Distanz zwischen Entfernung der Zähne und dem Auftreten der Zweiterkrankung kann bis zu sechs Monaten dauern, so dass der betroffene Patient die beiden Erkrankungen nicht in Zusammenhang bringt. Die Probleme mit den Autoimmunkrankheiten lässt sich so erklären, dass der Weisheitszahn 38, 48 ganzheitlich zur Nebenniere zählen. Die Nebenniere produziert Cortisol. Wird zu wenig körpereigenes Cortisol produziert, so kommt es zu Störungen im Immunsystem.
Auf der anderen Seite gehören die 8er zum Subsystem Herz/Dünndarm. Daher lassen sich Kreislaufprobleme und auch Herzbeschwerden (z.B. Rhythmusstörungen) u.a. dadurch erklären. Im Dünndarm liegen die so genannten „Peyerschen Plaques“ die mit dem Begriff „darmassoziertes Immunsystem“ bezeichnet werden. Hier werden circa 60% der B-Lymphozyten produziert.
Ferner resultieren aus prophylaktischen, chirurgischen Weisheitszahnentfernungen sehr häufig schlecht heilende Knochendefekte, die sich später in der 3-D-Diagnostik als „Osteolyse im Kieferknochen“ darstellen.
Diese – im Fachjargon „NICO’s“ genannten – chronischen Entzündungsbereiche („silent inflammation“) stellen massive Störfelder dar.
Es hat also eine große Bedeutung im gesamten Immunsystem. In manchen Fällen ist es sinnvoll, Weisheitszähne zu entfernen. Jedoch sollte immer im Einzelfall und kritisch abgewägt werden, ob die Notwendigkeit wirklich besteht.
Dies gilt vor allen Dingen bei jungen Patienten, bei denen die Weisheitszähne in der Entwicklung entfernt würden und dies vor allen Dingen aus angeblich prophylaktischen Gründen.
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Weisheitszähne haben mit der Spange nichts zu tun
In den folgenden 3 Originalarbeiten können Sie sich die aktuelle wissenschaftliche Erkenntnis, ob Weisheitszähne grundsätzlich entfernt werden sollten, anschauen.
Alle 3 Forscherteams drehen den Daumen nach unten. 3 zahnärztliche Forscherteams aus England, Mexico und Holland meinen, dass der Spruch „die Weisheitszähne verschieben die Frontzähne“ schlichter Unsinn ist. Wenn es Studien gibt, die nachweisen, dass Weisheitszähne keinen Druck auf die anderen Zähne ausüben, ist die landläufige Meinung der Kieferorthopäden zumindest umstritten. Wollen wir dann aber unsere Kinder wegen einer umstrittenen Aussage einem gesundheitlichen Risiko aussetzen?
Br J Orthod. 1998 May;25(2):117-22.
The effect of extraction of third molars on late lower incisor crowding:
a randomized controlled trial.
Harradine NW, Pearson MH, Toth B.
Division of Child Dental Health, University of Bristol Dental School, U.K.
The problem of late mandibular incisor crowding is a well established phenomenon, the cause of which has been the substance of considerable debate over the years. A central issue is the possible role of the third molars though no definitive conclusions have been consistently drawn. This prospective study was designed to investigate the effects of randomly assigned early extraction of third molars on late crowding of the mandibular incisors. Onehundred- and-sixty-four patients entered the study from 1984 following completion of retention after orthodontic treatment. Seventy-seven patients (47%) returned for records up to a mean of 66 months later, and their start and finish study casts were digitized on a reflex microscope to determine Little’s index of irregularity, intercanine width and arch length. Fortyfour of the patients had been randomized to have third molars removed. There was no evidence of responder bias. Where third molars were extracted the mean increase in lower labial segment irregularity was reduced by 1.1 mm from a mean of 2.1 mm for the group where third molars were retained (P = 0.15, not statistically significant). This difference was also not considered to be clinically significant. The principal conclusion drawn from this randomized prospective study is that the removal of third molars to reduce or prevent late incisor crowding cannot be justified.
Übersetzung:
Der Effekt der Extraktion von Weisheitszähnen auf die späte Verschiebung der Schneidezähne in Engstellung: Eine randomisierte kontrollierte Studie. Das Problem der späten Verschiebung der Unterkiefer Schneidezähne in die Mitte ist ein bekanntes Vorkommnis, dessen Ursache Gegenstand einer umfangreichen Debatte seit Jahren ist. Ein zentraler Diskussionspunkt ist die mögliche Rolle der Weisheitszähne, zu der es jedoch keine endgültige Meinung gibt. Diese Studie hier wurde entwickelt, um die Auswirkungen von per Losverfahren verordneten Extraktionen der Weisheitszähne auf das späte Verschieben der Schneidezähne in die Mitte zu untersuchen. 164 Patienten wurden von 1984 an nach dem erfolgreichen Beenden der kieferorthopädischen Behandlung in die Studie aufgenommen. 77 von ihnen (47%) kehrten im Durchschnitt von 66 Monaten später für die Abdrucknahme zurück und die Anfangs und Endstudien Modelle wurden in einem Reflex Mikroskop digital erfasst, um den „Little’s index of irregularity“ (Maß für die Schachtelstellung), den Abstand der Eckzähne und die Länge des Zahnbogens zu bestimmen. 44 dieser Patienten hatten die Weisheitszähne durch das Losverfahren entfernt bekommen, 33 nicht. Es gab keinen Hinweis auf eine einseitige Bevorzugung einer der Methoden. Belässt man die Weisheitszähne verstärkt sich die Irregularität in der Unterkieferfront, wie in den Extraktionsfällen, wobei die Verstärkung bei Letzteren etwas geringer ausfällt, was aber statistisch nicht signifikant ist (P=0,15). Der Unterschied wurde auch klinisch als unwesentlich betrachtet.
Die wichtigste Schlussfolgerung aus dieser Studie ist die, dass die Entfernung von Weisheitszähnen nicht damit gerechtfertigt werden kann, das Zusammenschieben von Schneidezähnen in der UK Front zu verhindern oder zu wenigstens zu reduzieren.
A long-term study of the relationship of third molars to changes in the mandibular dental arch.
Ades AG, Joondeph DR, Little RM, Chapko MK.
Department of Orthodontics, Universidad Intercontinental, Mexico City, Mexico.
The purpose of this study is to determine the relationship of third molars to changes in the mandibular dental arch. The sample for this study consisted of four groups and subgroups. The groups consisted of premolar extraction treated, nonextraction treated with initial generalized spacing, nonextraction treated, and serial extraction untreated subjects. The subgroups were divided into persons who had mandibular third molars that were either impacted, erupted into function, congenitally absent, or extracted at least 10 years before postretention records. The mean postretention time interval was 13 years, with a range of 10 to 28 years. The mean postretention age was 28 years 6 months, with a range of 18 years 6 months to 39 years 4 months. Two-way analysis of variance with repeated measures was used to compare the changes over time (before treatment, at end of active treatment, and after retention) of groups and third molar subgroups. With time, mandibular incisor irregularity increased while arch length and intercanine width decreased. The eruption patterns of mandibular incisors and first molars were similarly dispersed in all groups studied.
The findings between the subgroups in which mandibular third molars were impacted, erupted into function, congenitally absent, or extracted 10 years before postretention records revealed no significant differences between any of the subgroups for the parameters studied. No significant differences in mandibular growth were found between the third molar subgroups; this suggests that persons with third molars erupted into satisfactory function do not have a significantly different mandibular growth pattern than those whose third molars are impacted or congenitally missing. In the majority of cases some degree of mandibular incisor crowding took place after retention, but this change was not significantly different between third molar subgroups. This finding suggests that the recommendation for mandibular third molar removal with the objective of alleviating or preventing mandibular incisor irregularity may not be justified.
Übersetzung:
Der Zweck dieser Studie ist die Beziehung zwischen den Weisheitszähnen und Änderungen im Unterkiefer Zahnbogen zu ermitteln. Die Versuchsteilnehmer für diese Studie bestanden aus 4 Gruppen und Untergruppen. Die Gruppen waren 1) Prämolaren (Vorbackenzähne) extrahiert + KFO behandelt, 2) Prämolaren nicht extrahiert + KFO Behandlung + Lücken, 3) P. nicht extrahiert + KFO Beh., 4) Serielle Extraktion + keine KFO Behandlung. Die Untergruppen bestanden aus den Personen, die die unteren Weisheitszähne a) noch im Knochen, b)im Mund und in Funktion, c) gar nicht vorhanden, d) extrahiert mindestens 10 Jahre vor der Beurteilung der Nach-KFO Zeit. Die Zeit nach der KFO Behandlung betrug 13 Jahre, mit einer Bandbreite von 10 bis 28 Jahre. Das Durchschnittsalter der Patienten zum Nachuntersuchungstermin war 28 Jahre, in einer Bandbreite von 18 bis 39 Jahre. Es wurde eine 2-Weg Analyse der Varianz zur Untersuchung der Veränderungen über die Zeit (vor der KFO Behandlung, nach der Behandlung, nach der Retentionsperiode) zwischen den Gruppen und Untergruppen vorgenommen. Mit dem Zeitablauf vergrößerte sich die Unregelmäßigkeit der Schneidezähne und gleichzeitig schrumpfte der Abstand der Eckzähne und die Länge des Zahnbogens.
Die Daten zwischen den Untergruppen a) bis d) zeigten keine signifikanten Unterschiede in allen beobachteten Gruppen 1) bis 4). Auch gab es keinen Unterschied im Wachstumsverlauf des Unterkiefers zwischen alle 4 Weisheitszahn Untergruppen. Das legt nahe, dass Personen mit normal durchgetretenen Weisheitszähnen keinen anderen Wachstumsverlauf des Unterkiefers haben als solche, deren Weisheitszähne noch im Knochen liegen oder gar nicht angelegt sind. Bei der Mehrheit aller Patienten trat ein Zusammenschieben der Schneidezähne nach dem Beenden der Retentionsperiode auf, aber die Veränderungen unterschieden sich nicht innerhalb der Subgruppen.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Empfehlungen für das Entfernen
unterer Weisheitszähne mit dem Gedanken das Zusammenschieben der Unterkiefer Schneidezähne zu verhindern oder zu mildern nicht gerechtfertigt sind.
1: J Dent. 1997 Mar;25(2):167-9.
Clinical relevance of third permanent molars in relation to crowding after orthodontic treatment.
van der Schoot EA, Kuitert RB, van Ginkel FC, Prahl-Andersen B.
Department of Orthodontics, Academic Centre for Dentistry Amsterdam (ACTA), The Netherlands.
OBJECTIVES: The purpose of this study was to determine the relationship between dental crowding and the clinical presence or absence of third permanent molar teeth. METHODS: Ninety-nine patients were analysed before and after orthodontic treatment and at least three years after the end of retention. The sample consisted of four groups: subjects whose third permanent molar teeth had erupted into the mouth, were non-erupted, were extracted, and were congenitally absent. Arch Length Discrepancy, Irregularity Index and observer bias were examined. Multivariate analysis of variance with repeated measurements was used to analyse differences between the four groups.
RESULTS: Significant differences in Arch Length Discrepancy during time were shown between the premolar segment and the frontal area. The group with third permanent molar teeth congenitally missing showed a significant higher positive Arch Length Discrepancy in the premolar segment of the upper jaw. No significant differences in Irregularity Index were found between the third molar groups. CONCLUSIONS: It can be concluded that there is no relation between crowding and the presence or absence of third permanent molar teeth.
Übersetzung:
Zielsetzung: Der Zweck dieser Studie ist das Verhältnis festzustellen, in dem der Frontzahn Engstand mit der Anwesenheit oder Abwesenheit von Weisheitszähnen steht.
Methode: 99 Patienten wurden analysiert vor und nach der KFO Behandlung und danach 3 oder mehr Jahre nach dem Abschluss der KFO-Retentionsperiode.
Die Gesamtzahl wurde unterteilt in 4 Gruppen:
- 1) – Patienten mit Weisheitszähnen im Mund,
- 2) – Patienten mit Weisheitszähnen im Kiefer,
- 3) – Patienten, deren Weisheitszähne gezogen wurden, und
- 4) – Patienten der Weisheitszähne erst gar nicht angelegt waren.
Die Länge des Kieferbogens, der Irregularitätsindex und die Voreingenommenheit des Untersuchers wurden ermittelt. Die mathematische Aufarbeitung erfolgte mit Hilfe der Multivariaten Analyse. Ergebnisse: Es zeigten sich signifikante Differenzen in der Kieferbogen Länge, bzw. dessen Defizit. Die Gruppe 4) weist eine höhere Bogenlängendifferenz im Oberkiefer im Prämolarenbereich auf. Im Irregularitätsindex wurden dagegen keine
Unterschiede unter den 4 Gruppen gefunden.
Schlussfolgerung:
Es kann geschlussfolgert werden, dass es keine Beziehung zwischen dem Frontzahn Engstand und der An- bzw. Abwesenheit von Weisheitszähnen gibt.